Die Schweiz, der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg Schlussbericht / Unabhängige Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg. Red.: Mario König ; Bettina Zeugin. Mitarb.: Barbara Bonhage ... Übers.: Tony Häfliger ... - gebunden oder broschiert

Einfach hat es sich die Schweiz nicht gemacht mit der Aufarbeitung ihres Verhaltens in der Zeit des Nationalsozialismus: Eine international besetzte "Unabhängige Expertenkommission Schweiz -- Zweiter Weltkrieg" (UEK) wurde gebildet, ihr wurden weit gehende Quellenzugangsrechte eingeräumt (gerade Firmenarchive durften sich den Forschern nicht versperren), 25 ausführliche Einzelstudien entstanden. Einfach konnte es sich die Schweiz aber auch nicht machen, denn die Enthüllungen über ihren Umgang mit nationalsozialistischem und Flüchtlingsvermögen sorgten Mitte der 90er-Jahre weltweit für enormen Druck.

So arbeitete die "Bergier-Kommission" fünf Jahre lang an der Darstellung einer komplexen Thematik: Wie gingen die Eidgenossen mit den im Zweiten Weltkrieg ins Land gelangten Vermögenswerten um? Dem UEK-Auftrag entsprechend wurde diese Fragestellung im außenpolitischen und wirtschaftlichen Kontext sowie im Zusammenhang der schweizerischen Flüchtlingspolitik erfasst.

Der vorliegende Schlussbericht bündelt die Erkenntnisse der UEK-Teilbände: Das Verhalten von Politik wie Unternehmen der Schweiz war unrühmlich, gerade gegenüber den Rettung suchenden Flüchtlingen, aber auch bei der Rückerstattung der Gelder von Opfern der Nationalsozialisten nach Kriegsende. Die internationale Positionierung schweizerischen Verhaltens durch die UEK entschuldigt dabei nichts. Ebenso wenig wie die Erkenntnis, dass das helvetische Vorgehen meist blankem Nutzendenken folgte und nicht etwa Sympathien gegenüber der NS-Ideologie.

Die Arbeit in der UEK verlangte ihren Mitgliedern viel ab, das Studium des Schlussberichts fordert dies auch von seinen Lesern. 600 Seiten wissenschaftlich ausformulierter Erkenntnisse sind wenig breitenwirksam, dem Stoff aber angemessen. Die Schweiz unterstützte indirekt Krieg wie Holocaust -- dies ist die bedeutendste Erkenntnis der Kommissionsarbeit. Sie wird diesem Schlussbericht einen Platz in den Geschichtsbuchregalen sichern. Und weitere Forschungsvorhaben initiieren, denn offene Fragen finden sich noch genug. --Joachim Hohwieler