Über Deutschland,, Mit einem Register, Anmerkungen und einer Bilddokumentation, Nachwort: Monika Bosse, Vollständige und neu durchgesehene Fassung der deutschen Erstausgabe von 1814 in der Gemeinschaftsübersetzung von Friedrich Buchholz, Samuel Heinrich Catel und Julius Eduard Hitzig - Erstausgabe

Madame de Staél beschreibt im ersten Teil, überschrieben mit Deutschland und die Sitten der Deutschen, regionale Besonderheiten, Landschaften, Kulturzentren, Menschen und deren Nationalcharakter. Sie zeichnet das Bild eines idyllischen, sentimentalen, tugendhaften Deutschland und seiner redlichen, häuslich veranlagten, ernsthaften, fleißigen Bewohner, die sich durch methodischen Sinn, Gründlichkeit und Musikalität auszeichnen. Sie unterteilt Deutschland geografisch in einen naturverbundenen, traditionalistischen, am politischen Leben wenig interessierten katholischen Süden und einen protestantischen, preußischen Norden, der für sie das intellektuelle und kulturelle Deutschland verkörpert, das >>Vaterland des Denkens<< (eine Formel, aus der sich die Klischeevorstellung vom Land der Dichter und Denker entwickelte). Ihr Vorzug gilt klar dem Norden, wo sie jene Menschen traf, die in ihren Augen Geist und Genie besitzen. Im zweiten Teil, Literatur und Kunst, widmet Madame de Staél sich ausführlich der deutschen Literatur der Goethezeit. Die deutsche Dichtung der Romantik ist für sie von starkem Individualismus, Regelfreiheit, Fantasie und Einbildungskraft bestimmt. Sie folgt der Vorstellung von einer südlichen, die Antike nachahmenden klassischen Kultur und Wesensart auf der einen Seite und einer nordischen, dem Geist des Mittelalters verpflichteten romantischen auf der anderen. Frankreich und Deutschland stehen an den beiden äußersten Enden dieser gegensätzlichen Pole. In den beiden letzten Teilen Die Philosophie und die Moral sowie Die Religion und der Enthusiasmus stehen Philosophie und Religion im Mittelpunkt. Die Religiosität der Deutschen sieht Madame de Staél eng verbunden mit deren Begeisterungsfähigkeit. Im Gegensatz zur rationalistischen Aufklärungsphilosophie Frankreichs erscheint ihr die deutsche Philosophie an inneren Werten orientiert, verliebt in die reine Idee, und nicht primär auf praktischen Nutzen ausgerichtet. Diese Praxisferne des politischen Denkens in Deutschland kritisiert sie allerdings auch. Sie bemängelt Steifheit und Trägheit der Deutschen, ihre Unterwürfigkeit und ihr Obrigkeitsdenken.